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17 - Das ist jetzt ein Text für Albanien

Sie waren sehr gut! - 
Seit ich hier bin, habe ich einmal pro Woche mit acht SchülerInnen und StudentInnen in einer Schreibwerkstatt an Texten zu Träumen gearbeitet. Solche aus der Nacht, die oft schwer sind, und solche aus dem Tag, die oft schön sind. Wir haben Schreibübungen gemacht, wir haben darüber gesprochen, warum uns manche Texte berühren, interessieren und andere eben nicht so. Auch über kleines Handwerkszeug beim Schreiben und ein bisschen über das Leben. Herausgekommen sind schöne kleine Texte, die wir gestern Abend bei TIRANA TIMES in der Peter Boghdani vorgestellt haben. Die Studenten haben gelesen. Ich habe moderiert. Ich war stolz. 
Aber ich musste, in einer Zwischenrede, vielleicht auch ein bisschen Deutsch sein. Ich finde es nämlich unverschämt, wenn man zu einer Lesung kommt, aber nicht, weil man zuhören will, sondern womöglich, weil man sich sehen lassen oder mit mir einen Termin vereinbaren möchte. Man kommt also zu einer Lesung von acht jungen Menschen, die zum ersten Mal in ihrem Leben öffentlich ihre Texte vortragen und dazu noch in einer Sprache, die nicht ihre eigene ist, und fotografiert nicht die Studenten, sondern mich. (Ich bin nämlich hier ein bisschen ein Star. Das ist zwar schön und es tut mir auch gut, gefeiert zu werden, aber eben nur, wenn es auch um mich geht.) ES GING ABER GESTERN NICHT UM MICH! Es ging um den Auftritt der Schreibwerkstatt, um die Premiere von Traumtexten von jungen Leuten. Das waren: EDEN FETAHU, ANILA SULCE, FERALBO MUSTAFA, ANXHELA SAKU, SIARA KAFEXHIU, LEONIDA TUSHA, LAERT LLAVESHI, IRISA BILBILAJ. Und also musste ihnen und dieser Lesung die Aufmerksamkeit gelten. Die Ehre. Und also erwarte ich, dass man ihnen zuhört, dass man den Ton seines Mobliphones ausschaltet, dass man nicht während der Lesung dauernd mit irgendjemand anderem redet, herumläuft oder sonst noch was tut. Das ärgert mich. Und das habe ich gesagt. 
Ich erkläre das hier so genau, weil mir danach erzählt wurde, dass das hier in Albanien anscheinend ganz normal ist, dass man so einen Anlass eben nimmt, zur Kontaktaufnahme, um sich zu zeigen und sowas. Ich finde das nicht normal! Ich finde auch nicht, dass die Texte der jungen Leute weniger Wert haben als meine. Klar, sie sind als Schreibende noch alle am Anfang. Aber sie haben gearbeitet, und ich mit ihnen daran, dass sie an sich glauben. Dass sie sich etwas zutrauen. Und dass sie etwas zu sagen haben. 
Nur so kann man nämlich öffentlich eine Haltung einnehmen, eine Position. Nur so ist es möglich, sich in das öffentliche Leben einzumischen. Demokratie bedeutet eben auch, dass man alle wichtig nimmt, die in einem Land leben. Nicht nur jene, die es bereits zu etwas gebracht haben. 



Comments

  1. Stark! Respekt ist eben keine Frage des Alters oder der Dignität. Sehe ich genauso, ob das nun deutsch sein mag oder nicht.

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  2. Die Texte waren großartig! Vielen Dank an die jungen Talente!

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