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Tirana - 2


Hier ist nicht Tag der Deutschen Einheit. Außer am Goethe-Institut und in der Deutschen Botschaft.  Da schon. Trotzdem kommt es mir ein bisschen vor, als hätten die Menschen Mittags um zwei Uhr alle Zeit der Welt. So wie ich. Obwohl ich sie ja gar nicht habe, weil ich schreiben muss und dies nur meine Mittagspause ist, in der ich nun auch schreibe. Ich sitze bei einem albanischen Griechen herum, irgendwo beim Theater, der mir, als ich sage, dass ich kein Fleisch möchte, Würstchen anbietet, was ich ein bisschen bayerisch finde. Womit ich schon wieder bei den Vergleichen bin, die mir mein Mann gestern quasi verboten hat, weil er Sorge hat, ich mache mich hier unbeliebt. Deshalb sage ich jetzt nicht: dass das Wasser für fast 24 Stunden ausgefallen ist, wundert mich nicht, das ist wie in - (Piep) -, sondern ich sage lieber: man wartet hier auf das Entgegenkommen der Demokratie, und dann fließt auch das Wasser beständig. Ich komme darauf, weil ich gestern Abend den unterhaltsamsten gar nicht beabsichtigt politischen Abend hatte, den man sich vorstellen kann. Es ging um alles. Und vor allem darum, wie ein Land sich entwickeln kann, wenn alle guten, klugen jungen Leute wegwollen, am liebsten nach Deutschland, und wie aus einem ehemals stalinistischen Land, das bereits den Kommunismus als Demokratie gefeiert hat, eine echte Demokratie werden kann. Und so weiter. Ziemlich geschmeidig ging das von der einen zur anderen Sache, mitunter zu den Suppentöpfen und wie man Gesinnung umschöpfen kann, oder wie das wäre, wenn man es könnte! Ich wäre dabei! Aber wie genau das funktionieren soll, bzw. wie dieser Gedankengang den Tisch erheitert hat, bring ich wegen des enormen Reichtums an kreativen Gedanken und den sehr guten Gläsern Wein jetzt nicht mehr ganz zusammen. Jedenfalls war ich mit meiner (!) sehr herzlichen Verlegerin Silvana Leka und ihrem Mann, dem Schriftsteller Arian Leka, sowie dem Leiter der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft, Enrico Günther, Alketa Kuka, der Chefin vom Goetheinstitut und ihrem Projektkoordinator Christian Dölker, - allesamt viel lustigere und viel besser ausschauende und viel schlauere Leute, als ihre Namen klingen - sowie meinem Übersetzer Sokol Mici sehr gut essen, an einem Ort, an dem ich anhand der Weinkarte ablesen konnte, dass es in Tirana Geld gibt. Nebenbei habe ich endlich verstanden, dass das kein Scherz ist, dass ich ins Albanische übersetzt werde, sondern wirklich wahr. Albanien ist eh viel cooler als England!

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