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On the road - 4 Ich könnte jetzt allerlei Schönes über Gjirokastra schreiben, aber ich habe keine Lust dazu. Keine Ahnung, wieso. Vielleicht weil man alles auch im Reiseführer lesen kann. Ich bin aber keine Reisführerin und will auch keine sein. Ich habe mich dort top wohlgefühlt, egal wo ich war und vielleicht auch deshalb, weil ich nicht die einzige Fremde war. Das hat mich in eine gute Position gebracht. Endlich konnte ich mal wieder ganz unverschämt kucken. Das tue ich anscheinend nicht so gerne, wenn ich alleine fremd bin und alle Blicke nur auf mich gerichtet sind. Ich schaue eher weg, wenn ich zuviel angeschaut werde. Was mir erst jetzt klar wird. Und dass es einen Unterschied macht, ob ich in Frankreich, Spanien, Portugal oder Italien unterwegs bin. Oder eben in Albanien. In Albanien sieht man mir das Fremdsein an. Bist Du Italienerin? Bist Du Französin? Werde ich in Tirana oft gefragt. Selten, ob ich Deutsche bin. Woran man mein Fremdsein so genau sieht, weiß ich nicht....

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On the road - Tag 3 Keine Ahnung, wo ich nun anfangen soll. Der Tag war lang. Ich bin seit 5:10 Uhr auf. Saß fünfeinhalb Stunden im Bus, davon bin ich drei Stunden so durchgeschaukelt worden, dass mein IPhone-Schrittzähler dachte, ich laufe. Ich wurde gefahren. Mit einem Minibus durch die Berge am Rande der Albanischen Grenze zu Griechenland. Ich hatte dabei ziemlich gemischte Gefühle. Einerseits fand ich es ganz cool, dass ich in diesem Bus sitze, dessen Federung mir so ein Kettcar-Gefühl verschaffte und dessen Frontscheibe gerade so gut geputzt war, dass der Fahrer ausreichend hinausschauen konnte. Auch wie voll der Bus war und was immer noch hineinpasste an Gepäck, Kartons und Säcken. Soviel, dass der Gang nicht mehr begehbar war. Und 16 Menschen saßen auf 14 Plätzen. Fand ich gut. Es hat mich auch nicht besonders beeindrucken können, dass der Fahrer mit angezogener Handbremse und Vollgas so lange aus der Stadt rausgefahren ist, bis es die unsensibelste Nase auch riechen kon...

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On the road - Tag 2 Korca.  Ich steige aus dem Bus, der so ein IVECO-Transporter mit Sitzplätzen ist. Es war nicht wirklich gemütlich darin, weil sich innerhalb der kurzen Zeit, die die Fahrt von Pogradec hierher dauerte, eine Geruchsmischung aus Schweiß, Mottenkugeln und Knoblauch darin ausbreitete und auch die Menschen nicht wirklich freundlich kuckten. Eher so wie in der Münchner U-Bahn am frühen Morgen.  Ich steige also aus und bin sofort umringt von Leuten, die mir etwas aus ihrem Bauchladen anbieten wollen oder mich mitnehmen in den Markt hinein. Oder sonst was. Es ist erst halb elf morgens und mir ist das ziemlich zuviel. Weil ich kein mobiles Netz habe, habe ich keine Ahnung, wo genau ich mich befinde. Wahrscheinlich sehe ich so auch aus. Deshalb beschließe ich, angesichts der Bedrängung, dass ich erst mal loslaufe.  Ich gehe keine Minute und peng, stehe ich in einer komplett anderen Umgebung. Alles hier ist ein bisschen wie in Norwich. Entschudligen...

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On the Road - Tag 1 So habe ich mir das vorgestellt. Oder eher: gewünscht! Als ich in Tirana in den Furgon nach Pogradec einsteige, einen Bus, der etwa ein Drittel des Maßes eines normalen Busses hat, setzt mich der Fahrer direkt hinter sich. Ich habe keine Ahnung wieso, vielleicht findet er, ich schaue so aus, als müsse ich mich auf der Fahrt leicht übergeben und muss deshalb nahe am Ausgang sitzen. Ganz gleich warum, es ist der perfekte Platz. Ich sehe alles. Und ich höre gut. Über mir ist ein Lautsprecher angebracht, aus dem die ganzen zweieinhalb Stunden Fahrt vom Balkankitsch über den Balkantechno alles laufen wird, was mir das Gefühl gibt: ich bin nicht zuhause. Der Bus ist proppenvoll, der Fahrer hat auch noch einen Beifahrer, der sich auf den Ausklappsitz neben ihn setzt. Auf dem Weg aus der Stadt heraus muss der Bus ein paar mal abrupt bremsen. Ich halte mich fest und sehe, der Beifahrer hat einen Sicherheitsgurt. Ich untersuche meinen Sitz nach einem Sicherheitsgurt....

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Tirana - 7 Ich packe. Tatsächlich werden der kleine Rucksack und ich ab morgen für fünf Tage durch Südostalbanien reisen. Es gibt gewisse selbst auferlegte Einschränkungen: Ich fahre nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Konkret sind das Busse und Minibusse, sogenannte Furgons, von denen die Einheimischen wissen, wann sie fahren, aber alle anderen nicht. Wenn ich hier erzähle, was ich ab morgen vorhabe, schauen alle ziemlich anerkennend, sagen Sachen wie "uui" und "oh" und die Studenten im Schreibseminar, das ich hier gebe, fragten mich heute, ob ich denn Albanisch könne. Nein, kann ich nicht. Ich kann 'faleminderit' sagen, das heißt 'danke', und 'ja' und 'nein' kann ich auch. Mehr geht (noch) nicht. Und also fragten sie mich, ob ich dann in albanischer Begleitung reise. Auch das nicht. Obwohl auch Alketa vom Goethe-Zentrum mir das vorgeschlagen hat, habe ich abgelehnt. Ich denke mir, dass ich mit Mitte zwanzig auch mit einer Lan...

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Tirana - 6 Das Mullixhiu ist das Lokal hier, über das man im Ausland am meisten spricht. Kochen tut da Bleda Kolar, er hat die Slow Food Bewegung hier in Albanien bekannt gemacht, im Noma in Kopenhagen und bei anderen guten Adressen sein Handwerk gelernt, und wenn man so ein Glück hat, wie ich, dann darf man da ganz umsonst essen. Ich war nämlich gestern Abend auf Einladung der Deutschen Botschaft bei einem Event da, das hieß "Beyond the Currywurst", da haben eine Köchin aus Bremen, Luka Lübke, und eben Bleda Kolar gemeinsam ein siebengängiges Menü entworfen. Es hat so gut geschmeckt, dass ich manchmal vergessen habe ein Foto zu machen, bevor ich anfing zu essen, aber ich finde die Fotos deshalb 1000 Mal authentischer. Ich kenne jetzt außerdem den Food-Manager vom Hilton Tirana und seinen Mann, Valbona Shujaku, die superentspannte Kulturministerin Albaniens, die aus dem Kosovo stammt, und die coole Alma mit der verrauchten Stimme, die jede Woche eine vierzigminütige Se...

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Tirana - 5 Heute vor einer Woche bin ich hier angekommen. Jetzt bin ich da, habe ich gedacht. Und irgendwie hat das ja auch gestimmt. Aber eben nicht wirklich. Es ist, glaube ich, das Adrenalin, das einem dieses Gefühl gibt. Alles ist neu, alles ist anders, und die Notwendigkeit, sich damit zurechtzufinden, lässt gar nicht zu, dass man darüber nachdenkt, wie sich alles Neue anfühlt.  Am Samstag hat sich das Adrenalin verabschiedet.  Am Bazaar wollte mir jemand zehn kleine Feigen für umgerechnet fünf Euro verkaufen, was teurer ist als bei unserem Türken in München. In einem Restaurant wurde ich zuerst für fünfzehn Minuten gar nicht beachtet, dann wurde mir die Speisekarte hingelegt, ohne dass ich gefragt wurde, ob ich etwas trinken möchte, und schließlich liess man mich weitere zehn Minuten unbeachtet sitzen. Ich bin gegangen und habe mir einen freundlicheren Ort gesucht. Dabei fiel mir das Glück ein, immer die Wahl zu haben. Ich bin nicht hier, weil ich zuhause in N...